Folge #3 - Rationsberechnung - sinnvoll oder maßlos übertrieben?

Um die Frage zu beantworten, ob Rationsberechnungen wirklich sinnvoll sind oder ob der ganze Aufwand völlig übertrieben ist - schauen wir uns erstmal an, was genau es mit dem Begriff Rationsberechnung auf sich hat und was damit gemeint ist. 

 

Eine Rationsberechnung ist die Berechnung und Erstellung eines Futterplanes mit verschiedenen Futter-Komponenten abgestimmt auf den Bedarf eines speziellen Tieres. 

 

Dabei wird  zunächst geschaut, was das Tier alles braucht, damit der Körper überhaupt funktionieren kann.

Dazu gehören z.B. Energie, Protein, Mineralien, Spurenelemente, Vitamine und Fettsäuren. 

 

Die benötigten Mengen hängen dabei von einer Vielzahl von Faktoren ab: 

  • Größe
  • Alter
  • Rasse
  • Gewichtszustand
  • Bewegungsmöglichkeiten oder Bewegungsdauer
  • Haltungsform
  • Gesundheitszustand
  • ob ein Tier kastriert ist oder nicht
  • ob ein weibliches Tier trächtig ist oder laktiert
  • ob mit dem Tier sportliche Aktivitäten oder körperliche Arbeit betrieben wird
  • usw. 

Ein Tier im Wachstum hat z.B. einen anderen Bedarf als ein ausgewachsenes Tier oder ein Senior. Ein kastrierter Hund hat einen anderen Bedarf als ein unkastrierter Hund und ein Pferd was auf einer Hangweide im Offenstall lebt, hat wiederum einen anderen Bedarf als ein Pferd, das überwiegend in der Box gehalten wird. 

Du merkst schon, die ganze Angelegenheit ist ziemlich vielfältig und das wurde auch von der Futtermittelindustrie erkannt, denn dort finden wir ja auch zum Teil spezielle Produkte für junge oder ausgewachsene Tiere  und Senioren oder besonders energiearme Futter oder spezielle Futtermittel für die Zucht oder für Haut und Fell. Wir finden allerdings kein Produkt, welches wirklich alle unterschiedlichen Faktoren abdeckt, sondern immer nur Futtermittel, die auf ein entsprechendes Merkmal abzielen. 

Trotzdem wird uns immer wieder suggeriert, dass ein bestimmter Zustand unserer Fellnasen berücksichtigt und genau das passende Futter angeboten wird.

Wenn unser Tier gerade ein Problem mit dem Fell oder der Haut hat, dann neigen wir dazu das Problem mit einem Futtermittel zu lösen, was zu diesem Zweck entwickelt wurde - dabei vergessen wir oft, dass unsere Fellnase aber nicht nur aus Haut und Fell besteht und ja auch noch andere Bereiche eine bedarfsdeckende Fütterung benötigen. Vielleicht verbessern wir mit dem Futter für Haut und Fell, dann das Haut- und Fellproblem - haben dafür aber an einer anderen Stelle dann ein Defizit und rutschen irgendwann in ein neues Problem durch eine Überversorgung. Anstatt von vornherein zu schauen, ob das Futter wirklich zum Bedarf des Tieres passt und alle Komponenten bestmöglich abdeckt, wird ein Futtermittel oftmals nur anhand einer bestimmten offensichtlichen Komponente wie dem Alter ausgewählt. 

 

By the way - es wird nie eine Ration geben, die zu 100% genau den Bedarf eines bestimmten Tieres deckt und gleichzeitig ist es möglich, eine Ration zu finden, mit welcher der Bedarf erfüllt oder übertroffen wird und gleichzeitig keine toxischen Grenzen überschreitet. 

 

Wir Menschen ernähren uns in der Regel so abwechslungsreich, dass eine genauer Abgleich von Bedarf und Zufuhr über das Essen nur sehr schwer möglich ist, aber genau aus dem Grund der Vielfältigkeit auch meist der Bedarf weitgehend gedeckt wird. Und bei einer sehr einseitigen oder ungesunden Ernährung werden auch beim Menschen Mängel festgestellt, die sich wiederum erst mit der Zeit durch verschiedene Symptome oder gesundheitliche Probleme zeigen. Bei den Tieren, die meistens das gleiche Futter bekommen - also alles in allem relativ einseitig ernährt werden, kann es daher auch recht schnell zu Mängeln kommen, wenn die Ration nicht zum Bedarf passt. Wenn du jetzt die Schlussfolgerung ziehst möglichst abwechselungsreich zu füttern, um das zu vermeiden - dann muss ich dich leider enttäuschen, denn ganz so einfach ist es leider nicht.

Ich erkläre dir auch gern warum: 

Fangen wir bei den Pferden an - diese sind Steppenwanderer - der Magen-Darm-Trakt ist somit nur auf langsame Futteränderungen ausgelegt - Tag für Tag ein bisschen ist ok, aber abrupter Futterwechsel ist bei Pferden nicht zu empfehlen. Der Großteil der Fütterung besteht zudem aus dem Raufutter, was sich nicht gut variieren lässt - für Pferde also nicht gut umsetzbar. 

Bei Katze und Hund gibt es die Möglichkeit, zwischen vielen verschiedenen Fleischsorten und Proteinquellen zu wechseln. Katzen sind in der Regel allerdings von Hause aus recht wählerisch, da ist ohnehin die Frage, inwiefern man mehrere verschiedene Sorten ins Tier bekommt und auch beim Hund empfiehlt es sich, auch nicht zu viele Komponenten in der Fütterung zu haben. Kommt es nämlich zu einer Unverträglichkeit, wird es sehr schwer noch Komponenten für die Ausschlussdiät zu finden, die der Hund im Vorfeld noch nicht gefressen hat bzw. je mehr Komponenten die generelle Fütterung enthält desto schwieriger wird es herauszufinden, was der Auslöser der Unverträglichkeit sein kann. Und heutzutage ist es leider nicht ganz unüblich, dass Unverträglichkeiten im Laufe des Tierlebens auftreten (schätzungsweise leidet jeder fünfte Hund unter Futtermittelunverträglichkeiten).

Wilde Kombinationen zu füttern, um Mängel zu vermeiden, ist also leider nur bedingt eine gute Idee.

Die bevorzugte Variante sollte also doch die sein, die passende Kombination an Futtermitteln für das Tier zu finden, welche die individuelle Situation einbezieht. 

Ist das mit einem herkömmlichem Futter aus dem Handel überhaupt möglich? In Einzelfällen vielleicht - nach meiner Erfahrung ergeben sich bei unberechneten Rationen jedoch so gut wie immer Mängel oder Überversorgungen, die man eigentlich im Blick behalten sollte. Und das wiederum ist auch ganz normal. Die Futtermittelhersteller können nicht für jedes Tier ein individuelles Futter herstellen - zumindest nicht zu bezahlbaren Preisen, weil sie dann ja nicht die Masse hätten und die Produktionskosten bei geringen Mengen viel zu hoch wären.  Und das soll jetzt nicht unbedingt heißen, dass es kein gutes Fertigfutter gibt. Es heißt nur, dass man Futtermittel in der Regel ergänzen oder sinnvoll kombinieren muss, um den individuellen Bedarf des Tieres zu decken. Bei Pferden sollte das ganz dann zusätzlich immer in Abstimmung auf das Grundfutter erfolgen. 

Ok - dann bleibt also nur die Variante den Bedarf des Tieres zu bestimmen und dann Futtermittel zu suchen, die dazu passen. Und das wiederum ist wirklich nur mit einer Rationsberechnung möglich. 

 

Und damit haben wir die Antwort auf unsere Frage - ob eine Rationsberechnung sinnvoll oder übertrieben ist. 

Sie ist absolut sinnvoll - weil nur damit Mängel und Überversorgungen vermieden werden können und nur damit eine sinnvolle Futtermittelkombination möglich ist, die auf die individuellen Bedürfnisse passen. 

 

Wenn du jetzt denkst, ach so ein kleiner Mangel oder eine kleine Überversorgung, das ist doch gar nicht so schlimm - dann kann ich sagen - temporär nicht, dauerhaft kann das aber schon zu Problemen führen. Wir werden uns nach und nach hier mit den einzelnen Bedarfen auseinandersetzen und dann erkläre ich auch, welche Folgen verschiedene Mängel oder Überversorgungen haben können. 

 

Zusammengefasst kann man sagen: 

Rationsberechnungen sind keinesfalls übertrieben, sondern absolut sinnvoll - da man nur damit die passende Kombination an Futter- und Ergänzungsmitteln finden kann, die individuell zum Tier passen und Mängel oder Überversorgungen vermeiden. 

Die Verdauung von Pferden ist aufgrund der Tatsache, dass es ursprünglich Wandertiere sind nur für langsame Veränderungen der Futtermittel ausgelegt, was eine abwechslungsreiche Ernährung erschwert. Auch bei Hunden und Katzen ist eine allzu abwechslungsreiche und reichhaltige Ernährung im Hinblick auf die Annahme und mögliche Unverträglichkeiten auch nicht zu empfehlen. 

Futtermittelhersteller können nur einen Teil der Faktoren abbilden, die für den Bedarf wichtig sind. 

Die individuelle Situation lässt sich daher nur mit der Kombination von Futter- und Ergänzungsmitteln erzielen. Um die passende Kombination für das eigene Tier zu finden kommt man an einer Rationsberechnung nicht vorbei. Und genau aus diesem Grund sind Rationsberechnungen absolut sinnvoll. 

Ein Futtermittel kann auch nur dann in der Rationsberechnung berücksichtigt werden, wenn es gut deklariert ist und alle Inhaltsstoffe auch bekannt sind - auch ein Themenbereich, über den ich euch bald noch mehr erklären werde. 

Das Berechnen kann jeder übrigens selbst von Hand machen und auch lernen - das ist im Grunde kein Hexenwerk - allerdings ist der Prozess per Hand recht aufwendig - vor allem die Recherche  einzelner Futtermittel und den individuellen Bedarf zu ermitteln ist per Hand und ohne Erfahrung nicht mal eben nebenbei gemacht. 

Abhilfe schaffen da natürlich Ernährungs- und Futterberater oder Rationsberechnungsprogramme. 

Ich hoffe, du kannst nachvollziehen, warum ich zu dem Ergebnis gelangt bin, dass eine Rationsberechnung absolut sinnvoll ist und eben nicht maßlos übertrieben. 

Ich unterstütze die Kampagne #doitride und #adoptierenstattproduzieren - für mehr Tierwohl in dieser Welt!